Hilfe im Sterben
Sterbelhilfe ist eines der heikelsten Themen, die man sich vorstellen kann. Trotzdem werde ich im folgenden erläutern, wieso ich ein Befürworter aktiver Sterbehilfe bin. Aktive Sterbehilfe ist in Deutschland verboten und steht unter Strafe. Dennoch geben einer Umfrage zu Folge 40 Prozent der Ärzte an, sich vorstellen zu können, bei einem Suizid zu assistieren. Warum können sich 4 von 10 Ärzten vorstellen, einen Leidenden auf seinem letzten Weg zu begleiten? Wenn ich den ganzen Tag mit röchelnden, vegitierenden und schmerzgezeichnete Menschen zu tun hätte, würde mich das Mitleid packen. Genauso wie niemand gerne sieht, dass Tiere mishandelt werden. Sogar im Grundgesetz steht als 1. Artikel: "De Würde des Menschen ist unantastbar". Lebt jemand, der den ganzen Tag Schmerzen hat oder nichts mehr von seiner Umwelt wahrnimmt noch Würde? Ist in einer derartigen Situation nicht ein würdevoller Tod vorziehen, als das Leiden künstlich zu verlängern?
Sterbehilfe muss, wenn sie gewährt werden soll, vor dem Eintreten eines aussichtslosen Zustandes gereglt werden. Dabei kommt den Patientenverfügungen eine entscheidende Rolle zu, wenn ein Patient verfügt, dass er keine lebenserhaltenden Maßnahmen wünscht. Ist das nicht auch schon eine Form von Sterbehilfe durch nicht Einschreiten? Der Unterschied zum Verabreichen einer Überdosis Morphium ist für mich nur noch maginal. Also warum räumt man einem Menschen nicht von vorn herein das Recht ein, mittels einer entsprechenden Verfügung seinen Tod selbst festzulegen? Der Mensch sollte in seiner ethischen und moralischen Entwicklung derartig veranlagt sein, Sterbehilfe mit seinem Gewissen zu vereinbaren. Dass es dennoch nicht so ist, liegt in meinen Augen an drei Faktoren. Zum einen ist da die berechtigte Angst vor Missbrauch. Deshalb bedarf es einer strengen Kontrolle und die Sterbehilfe sollte nur in absolut ausweglosen Situationen angewendet werden. Ein weiterer Faktor ist der Glaube. So äußert sich zum Beispiel die katholische Kirche in ihrer "Pastoralischen Handreiche" gegen Stebehilfe wie folgt: "Das Ersuchen um aktive Sterbehilfe ist der Versuch, den letzten Gang des Lebens vollständig in die eigene Hand zu nehmen. Dies ist nicht vereinbar mit der Übergabe seiner selbst in die liebende Hand Gottes, wie sie sich in den kirchlichen Sakramenten ausdrückt... Euthanasie ist keine Lösung für das Leiden, sondern eine Auslöschung des leidenden Menschen.”
Dazu kann man stehen wie man will. Fakt ist jedoch, dass lebensverlängernde Maßnahmen streng genommen auch ein Eingriff in den "Willen Gottes" ist. Zugegebenermasen der dritte und letzte Faktor ist vieleicht etwas weit hergeholt, aber denkt man genauer darüber nach, so erscheint er logisch. Es gibt eine Lobby gegen Sterbehilfe. Die Pharmaindustrie dürfte von dem Gedanken Sterbehilfe nicht sonderlich begeistert sein. Denn ein Toter benötigt keine Medikamente mehr. Sollte es also dazu kommen, dass Hilfe im Sterben gesetzlich vertretbar wird, macht die Pharmaindustrie Milliarden Verluste.
Mir ist bewusst, dass es zu diesem höchst emotionelen Thema die unterschiedlichsten Standpunkte gibt. Und dass man alles aus einem völlig anderen Blickwinkel sieht, sollte man in die Situation kommen, dass ein naher Angehöriger Sterbehilfe wünscht. Doch sollte man sich stets bewusst machen, dass der Angehörige, so sehr man ihn auch liebt, leidet. Ich könnte es mit meinem Gewissen nicht vereinbaren, an einer Verlängerung des Leides Schuld zu tragen.